Neuropsychologie bei PTBS: Warum eine Diagnostik wichtig ist und welche kognitiven Einschränkungen auftreten

Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind ernsthafte psychische Erkrankungen, die nach extrem belastenden oder lebensbedrohlichen Ereignissen auftreten können. Sie werden häufig mit Symptomen wie Flashbacks, Albträumen, Vermeidungsverhalten und erhöhter Schreckhaftigkeit in Verbindung gebracht. Doch viele Betroffene berichten auch über kognitive Einschränkungen, die ihren Alltag erheblich beeinträchtigen.

Diese kognitiven Probleme werden oft übersehen, obwohl sie eine zentrale Rolle in der Funktionsfähigkeit der Betroffenen spielen. Die neuropsychologische Diagnostik kann helfen, diese Defizite zu identifizieren und gezielte Therapieansätze zu entwickeln. Aber was genau passiert bei PTBS im Gehirn, und warum sind kognitive Beeinträchtigungen so häufig?

Warum ist eine neuropsychologische Diagnostik bei PTBS sinnvoll?

Menschen mit PTBS erleben nicht nur emotionale und körperliche Symptome, sondern oft auch Veränderungen in ihrer Denk- und Gedächtnisleistung. Diese Defizite können alltägliche Aufgaben erschweren – sei es bei der Arbeit, in sozialen Interaktionen oder in einfachen Entscheidungsprozessen.

Eine neuropsychologische Diagnostik ermöglicht:

  • Die Identifikation spezifischer kognitiver Einschränkungen, z. B. im Bereich Gedächtnis, Aufmerksamkeit oder exekutive Funktionen.
  • Eine gezielte Therapieplanung, um individuelle Stärken und Schwächen in der kognitiven Verarbeitung zu berücksichtigen.
  • Die Verlaufsdokumentation und Therapieevaluation, um Fortschritte und Veränderungen im Laufe der Behandlung zu erkennen.

Viele Betroffene wissen gar nicht, dass ihre Schwierigkeiten im Alltag mit den neuropsychologischen Folgen einer PTBS zusammenhängen. Eine Diagnostik kann daher helfen, Erklärungen für diese Symptome zu finden und die Belastung durch gezielte Maßnahmen zu reduzieren.

Welche kognitiven Einschränkungen berichten Betroffene?

PTBS-Patienten berichten oft über verschiedene kognitive Defizite, die ihren Alltag beeinträchtigen. Einige typische Probleme sind:

1. Gedächtnisstörungen: „Ich vergesse ständig Dinge“

Viele Menschen mit PTBS haben Probleme, sich an neue Informationen zu erinnern oder Erlebtes korrekt abzurufen. Dies kann sich in alltäglichen Situationen zeigen, beispielsweise wenn jemand vergisst, ob er bereits eine Nachricht verschickt oder einen Termin vereinbart hat.

Ein Beispiel: Eine Patientin, die nach einem Autounfall an PTBS leidet, berichtet: „Ich kann mich nicht mehr richtig an das erinnern, was ich vor ein paar Minuten gelesen habe. Es fühlt sich an, als ob mein Gehirn mich ständig im Stich lässt.“ Diese Gedächtnisprobleme können neben den möglichen Folgen eines Schädelhirntraumas auch durch die ständige Überlastung des Gehirns entstehen, das sich mehr auf die Verarbeitung traumatischer Erinnerungen und den Umgang mit Stress konzentriert als auf das Abspeichern neuer Informationen.

2. Konzentrationsprobleme: „Ich kann mich nicht mehr lange auf etwas fokussieren“

Ein weiteres häufiges Symptom ist eine verminderte Aufmerksamkeit. Menschen mit PTBS berichten, dass sie sich nur schwer auf Gespräche, Texte oder Aufgaben konzentrieren können. Selbst das Lesen eines kurzen Artikels kann zur Herausforderung werden. Beispiel: Einer meiner Patient, ein ehemaliger Soldat, hat Schwierigkeiten, ein Formular auszufüllen. „Ich fange an, eine Frage zu lesen, aber meine Gedanken schweifen sofort ab. Ich lese sie immer wieder, aber ich kann sie einfach nicht verarbeiten.“ „Oder, wenn viele Menschen in einem Raum miteinander reden, fällt es mir schwer Gesprächen zu folgen.“

3. Probleme mit der Planung und Organisation: „Ich verliere den Überblick“

Die sogenannten exekutiven Funktionen, also die Fähigkeiten zur Planung, Organisation und Problemlösung, sind bei vielen PTBS-Betroffenen beeinträchtigt. Sie berichten, dass sie sich überfordert fühlen, wenn sie mehrere Dinge gleichzeitig managen müssen. Beispiel: Eine Patientin, eine Mutter von zwei Kindern, die nach einem Überfall an PTBS leidet, erzählt: „Früher konnte ich meinen Tag problemlos organisieren. Jetzt schaffe ich es kaum, den Haushalt, Einkäufe und die Termine meiner Kinder im Kopf zu behalten.“

Diese Probleme entstehen, weil das Gehirn bei PTBS in einem permanenten Alarmzustand ist, wodurch weniger Ressourcen für komplexe Denkprozesse zur Verfügung stehen.

Was passiert im Gehirn bei PTBS?

PTBS verändert das Gehirn auf verschiedene Weise. Zu den wichtigsten Veränderungen gehören:

  • Der Hippocampus schrumpft: Diese Gehirnregion ist zentral für das Gedächtnis. Chronischer Stress und traumatische Erlebnisse können dazu führen, dass der Hippocampus an Volumen verliert, was Gedächtnisprobleme zur Folge hat.
  • Die Amygdala wird überaktiv: Die Amygdala ist für die Verarbeitung von Angst und Bedrohung zuständig. Bei PTBS-Patienten ist sie häufig überaktiv, was zu einer verstärkten Schreckreaktion und anhaltenden Angstgefühlen führt.
  • Der präfrontale Kortex funktioniert schlechter: Diese Gehirnregion steuert komplexe Denkprozesse, Impulskontrolle und Entscheidungsfindung. Bei PTBS kann ihre Aktivität reduziert sein, was sich in Konzentrationsproblemen und Schwierigkeiten bei der Planung äußert.

Diese Veränderungen machen deutlich, warum viele Menschen mit PTBS kognitive Einschränkungen erleben – ihr Gehirn ist in einem ständigen Alarmzustand und hat weniger Kapazitäten für andere Denkprozesse.

Wie können Betroffene unterstützt werden?

Da PTBS auch kognitive Symptome umfasst, sollten therapeutische Maßnahmen nicht nur auf die emotionale Verarbeitung des Traumas, sondern auch auf kognitive Fähigkeiten abzielen. Mögliche Ansätze sind:

  • Neuropsychologisches Training, um Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Problemlösungsfähigkeiten gezielt zu fördern.
  • Achtsamkeitsbasierte Techniken, die helfen, den ständigen Alarmzustand des Gehirns zu reduzieren.
  • Alltagsstrategien, wie das Nutzen von Notizen, Planern oder Apps zur Organisation.
  • Psychotherapie, um sowohl die traumatischen Erinnerungen zu verarbeiten als auch Strategien für den Umgang mit kognitiven Defiziten zu entwickeln.

Viele Menschen mit PTBS leiden unter kognitiven Einschränkungen, die ihren Alltag stark beeinflussen. Eine neuropsychologische Diagnostik hilft, diese Defizite sichtbar zu machen und gezielte Behandlungsstrategien zu entwickeln. Die Forschung zeigt, dass PTBS nicht nur psychische und emotionale Auswirkungen hat, sondern auch strukturelle und funktionelle Veränderungen im Gehirn mit sich bringt. Eine frühzeitige Diagnostik und Therapie können dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie mit den kognitiven Herausforderungen besser umgehen können. Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich gerne bei uns: https://neuropsychologie-bremen.de/kontakt-und-standorte/.

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