ADHS im Alltag – typische Probleme und was wirklich hilft

Kleine Strategien mit großer Wirkung

Menschen mit ADHS erleben ihren Alltag oft als herausfordernd. Die Ursachen sind tief neurologisch verwurzelt – doch die Auswirkungen zeigen sich ganz konkret: Termine platzen, To-dos bleiben liegen, Emotionen eskalieren.

Der Alltag wirkt auf viele ADHS-Betroffene wie ein nie endendes Chaos. Dabei gibt es hilfreiche Strategien – wenn man weiß, wo die Stolperfallen liegen.

1. Zeitgefühl: Wenn 5 Minuten sich wie 30 anfühlen – oder umgekehrt

Viele Menschen mit ADHS haben ein verändertes Zeitempfinden. Sie unterschätzen, wie lange etwas dauert – oder bemerken nicht, wie viel Zeit bereits vergangen ist.

Typisches Problem:
„Ich dachte, ich hätte noch genug Zeit – und dann war’s plötzlich zu spät.“

Was hilft:

  • Nutze visuelle Timer (z. B. TimeTimer), die die Zeit sichtbar machen
  • Plane Aufgaben in kleine Zeiteinheiten (z. B. 15 Minuten Blöcke)
  • Setze dir Pufferzeiten – für den Weg, fürs Abschalten, fürs Packen
2. Aufschieberitis (Prokrastination): Ich will ja… aber es geht nicht los

ADHS bedeutet nicht „keine Motivation“, sondern oft „Startschwierigkeiten“. Der Anfang ist die größte Hürde – besonders bei unliebsamen oder komplexen Aufgaben.

Typisches Problem:
„Ich weiß, was ich tun müsste – aber ich komme einfach nicht ins Tun.“

Was hilft:

  • „5-Minuten-Regel“: Starte bewusst mit einem Mini-Schritt – oft kommt der Rest dann von allein
  • Externe Struktur: Verabrede dich zum „Body Doubling“ (z. B. gemeinsam in der Bibliothek arbeiten)
  • Verbindlichkeit schaffen: Termine mit anderen oder per App tracken
3. Ablenkbarkeit: Alles ist plötzlich wichtiger als die Aufgabe

Reize werden bei ADHS nicht gut gefiltert – das Gehirn reagiert auf alles gleichzeitig. Was für andere störend ist, kann für Menschen mit ADHS handlungsverhindernd sein.

Typisches Problem:
„Ich wollte nur kurz mein Handy checken – und dann war der halbe Vormittag weg.“

Was hilft:

  • Ablenkungsquellen bewusst ausschalten (z. B. Handy im Flugmodus, Apps sperren)
  • Arbeitsplätze reizarm gestalten: klare Oberflächen, feste Orte für Materialien
  • „Parkplatz für Gedanken“: Ideen, die beim Arbeiten aufpoppen, kurz notieren und später bearbeiten

4. Emotionsregulation: Wenn Kleinigkeiten explodieren

ADHS betrifft nicht nur Aufmerksamkeit – sondern auch die Steuerung von Emotionen. Reaktionen sind oft intensiver und impulsiver.

Typisches Problem:
„Ich weiß, dass es übertrieben war – aber in dem Moment war’s einfach zu viel.“

Was hilft:

  • Frühwarnzeichen erkennen: z. B. Herzklopfen, Muskelanspannung, Stimme hebt sich
  • Stopp-Strategien einüben: z. B. innerer Satz („Ich sage jetzt besser nichts“)
  • Rückzugsmöglichkeiten schaffen („Ich gehe kurz raus und komme wieder“)
5. Organisation & Struktur: Chaos im Kopf – und auf dem Schreibtisch

Viele ADHS-Betroffene wissen genau, was zu tun ist – aber nicht wann, wie und wo.

Typisches Problem:
„Ich habe überall Listen – aber nichts davon wird fertig.“

Was hilft:

  • Eine zentrale Aufgabenliste führen – keine 10 Zettel überall
  • Aufgaben konkret formulieren („Doktor anrufen“ statt „Medizinisches klären“)
  • Feste Routinen etablieren: z. B. Montag ist Orga-Tag, Mittwoch Wäsche-Tag

ADHS bedeutet nicht Faulheit oder Chaosliebe – sondern ein anderes Funktionieren des Gehirns. Je besser die eigenen Stolperfallen erkannt werden, desto gezielter kann man gegensteuern. Es geht nicht darum, perfekt zu funktionieren – sondern handlungsfähig zu bleiben. Und das ist möglich.

Sie erkennen sich in diesen Alltagssituationen wieder?

Dann sind Sie nicht allein – und es gibt Hilfe. In unserer neuropsychologischen Praxis unterstützen wir Menschen mit ADHS individuell dabei, mehr Struktur, Selbstwirksamkeit und Lebensqualität zu entwickeln. Lesen Sie auch gerne folgenden Beitrag: ADHS bei Erwachsenen – Warum eine Diagnostik bei einer/m Neuropsycholog:in besonders sinnvoll ist.


Sprechen Sie uns gerne an – wir nehmen uns Zeit.

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