Longevity bei Kindern und Jugendlichen – Leben verlängern von Anfang an

Wenn wir über „Longevity“ sprechen, denken viele zuerst an ältere Menschen, an Anti-Aging oder an Studien über 90- oder 100-Jährige. Doch die Grundlagen für ein langes, gesundes Leben werden bereits im Kindes- und Jugendalter gelegt. Je früher wir darauf achten, wie Körper, Geist und Umwelt zusammenspielen, desto grösser die Chancen, nicht nur lange zu leben, sondern gesund und vital zu leben.

Warum das Jugendalter so wichtig ist

Schon während Schwangerschaft, Kindheit und Jugend formen sich zentrale Systeme unseres Körpers — das Nervensystem, das Immunsystem, der Stoffwechsel. Diese Systeme adaptieren sich an Umweltbedingungen und bilden die biologische Grundlage für Gesundheits- oder Krankheitsverläufe im späteren Leben.
Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass frühkindliche und jugendliche Gesundheits- und Lebensstilfaktoren massgeblich beeinflussen, wie gesund wir im späteren Leben sind – also unsere „healthspan“ (den Zeitraum guter Gesundheit) und nicht nur die Lebensdauer.

Gerade in dieser Entwicklungsphase spielt auch die neuropsychologische Gesundheit eine entscheidende Rolle: Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis sind eng mit körperlichen und emotionalen Prozessen verknüpft. Ein gesunder Lebensstil unterstützt nicht nur Muskeln und Herz, sondern auch die Funktionsfähigkeit des Gehirns – und damit die Basis für Lernen, Motivation und seelische Stabilität.

Wichtige Bausteine für Longevity im jungen Alter

Hier einige Schlüsselbereiche, die sich gerade im Kindes- und Jugendalter besonders lohnen:

  • Ernährung & Körpergewicht: Eine ausgewogene Ernährung fördert die Gehirnleistung und schützt vor späteren chronischen Erkrankungen. Studien zeigen, dass Omega-3-Fettsäuren, Vitamine und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr Konzentration und Gedächtnis positiv beeinflussen.
  • Bewegung & körperliche Aktivität: Bewegung verbessert die Durchblutung des Gehirns, stärkt die neuronale Plastizität und kann langfristig die Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung fördern.
  • Stress- und Erholungsbalance: Chronischer Stress im jungen Alter wirkt sich auf biologische Alterungsprozesse aus – beispielsweise durch erhöhte Entzündungsmarker oder verkürzte Telomere. Gleichzeitig kann Dauerstress die Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit schwächen, weil das Gehirn in einen „Alarmzustand“ gerät und weniger Kapazität für Lern- und Gedächtnisprozesse bleibt.
  • Psychische Gesundheit & soziales Umfeld: Ein stabiles soziales Umfeld fördert emotionale Sicherheit – eine Grundvoraussetzung für nachhaltiges Lernen und Gedächtnisbildung.
  • Schlaf & Erholung: Im Schlaf werden Informationen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis übertragen. Wer dauerhaft zu wenig schläft, gefährdet nicht nur Konzentration und Aufmerksamkeit, sondern auch die Regeneration des Gehirns.
  • Umwelt & Lebensstil: Luftqualität, Bewegung im Freien und Zeit in der Natur fördern nachweislich die kognitive Leistungsfähigkeit und wirken sich positiv auf Stimmung, Gedächtnis und Aufmerksamkeitssteuerung aus.
Neuro- und jugendpsychologische Perspektive

Aus neuropsychologischer Sicht ist relevant: Das Gehirn junger Menschen ist besonders plastisch – es lernt, reagiert und verändert sich ständig. Diese Plastizität ist ein Geschenk, aber auch eine Verantwortung. Denn alles, was wir häufig tun, formt unser Gehirn.

Dauerhafte Reizüberflutung – etwa durch Social Media, Lärm oder ständige Erreichbarkeit – kann die Fähigkeit zur gezielten Aufmerksamkeit und konzentrierten Verarbeitung schwächen. Jugendliche berichten dann oft, dass sie sich „nicht mehr richtig fokussieren“ können oder Informationen schnell wieder vergessen.

Auf der anderen Seite können regelmässige Bewegung, ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und mentale Pausen die neuronale Leistungsfähigkeit stärken:

  • Der präfrontale Kortex (zuständig für Aufmerksamkeit und Impulskontrolle) arbeitet effizienter.
  • Das Hippocampus-System (wichtig für Lernen und Gedächtnisbildung) bleibt aktiv und flexibel.
  • Die Neurotransmitter-Balance (z. B. Dopamin, Acetylcholin) wird stabilisiert – ein zentraler Faktor für Motivation und Konzentration.

Gesunde Routinen im Jugendalter sind somit nicht nur eine Investition in körperliche, sondern auch in kognitive Langlebigkeit: Ein waches, konzentriertes und lernfähiges Gehirn ist die beste Basis für ein langes, erfülltes Leben.

Resilienz als Fundament von Longevity

Ein weiterer zentraler Baustein für Langlebigkeit – insbesondere bei jungen Menschen – ist Resilienz: die Fähigkeit, trotz Belastungen gesund zu bleiben, sich anzupassen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen.

Neurobiologisch betrachtet, ist Resilienz kein angeborenes Talent, sondern ein dynamischer Prozess, der sich trainieren lässt. Das Gehirn reagiert auf positive Erfahrungen, soziale Unterstützung und Erfolgserlebnisse mit der Ausschüttung von Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin. Diese wiederum stärken jene neuronalen Netzwerke, die für emotionale Regulation, Aufmerksamkeitssteuerung und Gedächtnisbildung verantwortlich sind.

Kinder und Jugendliche, die früh lernen, mit Stress umzugehen, eigene Gefühle zu verstehen und Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu entwickeln, zeigen später eine deutlich höhere Stressresistenz – und damit auch ein biologisch „jüngeres“ Stresssystem. Studien zeigen, dass resiliente Jugendliche im Erwachsenenalter weniger Entzündungsprozesse, stabilere Immunfunktionen und bessere kognitive Leistungen aufweisen.

Resilienz schützt somit nicht nur die Psyche, sondern ist auch ein Schlüsselmechanismus für Longevity im Gehirn: Wer Stress flexibel bewältigt, schützt seine neuronalen Ressourcen und erhält langfristig Aufmerksamkeit, Gedächtnis und emotionale Stabilität.

Was können Eltern, Pädagog:innen und Jugendliche konkret tun?

Damit Longevity kein abstrakter Begriff bleibt, hier praxisnahe Empfehlungen:

  • Frühe Habits etablieren: Achten Sie darauf, dass Bewegung, gute Ernährung und ausreichender Schlaf Teil des Alltags sind – sie fördern Aufmerksamkeit, Konzentration und Lernfähigkeit.
  • Stress-management fördern: Jugendliche sollten lernen, ihre Ressourcen zu erkennen, Pausen zu machen, digitale Medien bewusst zu nutzen und „kognitive Detox-Phasen“ einzubauen.
  • Psychische Gesundheit stärken: Resilienz und emotionale Stabilität bilden die Grundlage für nachhaltige Gedächtnis- und Lernprozesse.
  • Bildung & Aufklärung: Jugendliche über den Zusammenhang zwischen Gehirn, Verhalten und Gesundheit zu informieren, schafft Selbstwirksamkeit und Motivation.
  • Systemische Förderung: Schulen und Familien können gemeinsam Strukturen schaffen, die Konzentration, Lernfreude und gesunde Entwicklung unterstützen – etwa durch Ruhephasen, Bewegungspausen und Achtsamkeit im Unterricht.
Einladung & Hinweis

Ich freue mich sehr, am 16. November in Berlin bei The Healing House vertreten zu sein – gemeinsam mit anderen inspirierenden Frauen werde ich über genau dieses Thema sprechen: Longevity bei Kindern und Jugendlichen – wie wir heute die Grundlagen für lebenslange Gesundheit und geistige Vitalität legen.
Wenn Sie in Berlin sind oder Interesse haben, freue ich mich über Begegnungen, Austausch und neue Perspektiven auf dieses spannende Thema.

Longevity beginnt nicht erst im hohen Alter, sondern früh – im Kindes- und Jugendalter.
Ein achtsamer Umgang mit Körper, Psyche und Gehirn stärkt nicht nur die Lebensqualität im Hier und Jetzt, sondern auch die Fähigkeit, aufmerksam, konzentriert und geistig fit durchs Leben zu gehen.
Denn: Wer lernt, gut mit sich umzugehen, schafft die besten Voraussetzungen für ein langes, gesundes und bewusstes Leben.

Mehr Beiträge zu neuropsychologischen Themen gibt es auf meinem Blog unter www.neuropsychologie-bremen.de/neuropsychologie-blog

1080 1350 Neuropsychologie Armgardt